
Für das, was Bauch als „Aufschwung“ und „Werden“ der Nation versteht, spricht er der Erziehung eine entscheidende Aufgabe zu. Sie hat zum einen Ehrfurcht vor der nationalen Kultur und den in ihr realisierten Werten zu vermitteln. „Die Ehrfurcht gibt nach der gemeinsamen Überzeugung der Besten des deutschen Geistes der echten Erziehung die rechte seelische Haltung und das Ewige gibt ihr den tiefsten Gehalt an Sinn und Wert.“ Zum anderen wird ihr nun aber auch ganz explizit die Aufgabe zugeschrieben, das auszuschließen, was die „eigene Kultur“, „das Hohe und Große, das im geschichtlichen Leben unseres Volkstums auf uns gekommen ist“, schwächen könnte. Hier zieht Bauch eine Linie, die von der Zeit der Novemberrevolution bis in die Gegenwart reicht.
„Wie schwer haben sich doch die am Geiste der eigenen Nation versündigt, die dem Literatengesindel, das mit allem Unflat und Unrat aus dem Novembersumpf an die Oberfläche getrieben wurde, nur den leisesten Einfluß auf ihr Denken und Fühlen ermöglichen, allein indem sie seine Machwerke lesen!“
Bruno Bauch 1933
Die Bücherverbrennungen der „Deutschen Studentenschaft“, die erst in den Monaten nach Erscheinen dieser Sätze erfolgen sollten, lesen sich so als konsequente Verwirklichung des von Bauch formulierten Erziehungsgedankens.
Wie wörtlich Bauch den Ausschluss aus dem Kulturleben verstanden wissen wollte und auf wen die abwertende Bezeichnung als „Literatengesindel“ letztlich gemünzt war, wird im folgenden Satz deutlich. In einer Euphemisierung der nationalsozialistischen Verfolgungs- und Exklusionspraktiken schreibt er: „Heute scheint das schlechte Gewissen […] dieses Schreiblertum über die deutschen Grenzen zu treiben, ohne daß wir Deutsche auch nur eines seiner krausen Härchen weiter gekrümmt hätten, als es ohnehin schon war.“
In späteren Schriften verschärft Bauch diese Position noch. In „Erbanlage, Erziehung und Geschichte“ begreift er Erziehung auch in einem so verstandenen Sinne nicht mehr als ausreichend. Denn Erziehung bringt nur gegebene Potentiale zur Entfaltung. Diese Potentiale aber sind in den Erbanlagen festgelegt. Insofern setzen naturgesetzlich bedingten Erbanlagen dem Einfluss der Umwelt Grenzen. Umgekehrt aber sind diese Erbanlagen allein nicht hinreichend. Sie sind durch Erziehung zu entfalten und auf konkrete „Leistungsziele“ hin auszurichten. „Einerseits ist unsere ganze Entwicklung bedingt und abhängig von den Erbanlagen, so daß, wo sie nicht vorhanden wären, keine Macht der Welt, auch die Erziehung nicht, sie hervorbringen könnte […]. Auf der anderen Seite könnten die besten und stärksten Erbanlagen zu keinen Leistungen führen ohne die Gemeinschaftswirkungen erzieherischer Kräfte und Mächte.“ Erziehung wird deshalb nur die Aufgabe der Entfaltung „wertvoller“ und der Hemmung „wertwidriger Anlagen“ zugesprochen. Diese Anlagen selbst aber sind durch die NS-„Rassenpolitik“ zu formen. Denn, so schreibt er unter Bezugnahme auf schon in den 20er Jahren entwickelte Überlegungen, verschiedene „Rassen“ hätten verschiedene „erbbedingte Anlagen zur Wertdarstellung“. Bauch weiß genau, wovon er schreibt. Er erwähnt, dass es u.a. darum gehen müsse, bestimmte Bevölkerungsgruppen von der Fortpflanzung auszuschließen.
Allerdings reklamiert er gegenüber naturwissenschaftlich argumentierenden „Rassentheorien“, dass nur in einem wertphilosophischen Rahmen die Kriterien der „Auslese“ zureichend bestimmt werden könnten. Zwar ermögliche, so schreibt er schon Ende der 20er Jahre in einer Rezension zu Hans F.K. Günther, die „Rassentheorie“ erstmals eine wissenschaftliche Grundlage für den platonischen Gedanken der Zuchtwahl. Zugleich aber sei nur im Rahmen der Philosophie die Begründung der Wertgeltung, nach der sich die Zuchtwahl zu richten habe, möglich.
In dem Versuch, der Philosophie im NS-Staat so eine intellektuelle Führungsrolle zuzusprechen, entwickelt er nicht nur eine philosophische Rechtfertigung der kulturellen Gleichschaltung, sondern auch der NS-„Rassengesetzgebung“ und „Eugenik“.
Auch diese Positionierung glaubt er noch auf der Grundlage seiner alten werttheoretischen Überlegungen rechtfertigen zu können. Der Mensch sei, so schreibt er mit Blick auf Kant, nicht unmittelbar Zweck an sich selbst. Er sei nur durch seinesgleichen so zu behandeln und zwar insofern er „Werkzeug in der Hand Gottes“ und das heißt in der Vorstellung Bauchs zur Wertrealisierung fähig sei. Der Ausschluss derer, denen im Weltbild Bauchs diese Fähigkeit abgesprochen wird, erscheint so geradezu als moralische Pflicht. Hier wiederholt sich: Indem auch die radikalste Exklusion als Verwirklichung von Werten vorgestellt wird, verliert die Rede von „Werten“ jeden sinnvollen Gehalt.
Literatur
Bruno Bauch, Nation und Erziehung, in: Deutsches Adelsblatt. Nr. 14, Jg. 51, April 1933, S. 222–223.
Bruno Bauch, Wert und Zweck, in: Blätter für deutsche Philosophie. Zeitschrift der deutschen philosophischen Gesellschaft. Band 8, Berlin 1934/35, S. 39–59.
Bruno Bauch, Erbanlage, Erziehung und Geschichte, in: Blätter für deutsche Philosophie. Zeitschrift der deutschen philosophischen Gesellschaft. Band 15, Berlin 1941/41, S. 46–68.
Bildnachweis
Deckblatt, Hintergrundbild und Bild 1
- Titel: Bruno Bauch, vor 1920
- Autor: unbekannt
- Quelle: http://phaidon.philo.at/asp/bbauch.htm
- bearbeitet von SB