Im Zuge der Revolution treten im November 1918 auf Druck der Arbeiter- und Soldatenräte die thüringischen Fürsten zurück. Nach der Verabschiedung der Weimarer Reichsverfassung am 11. August 1919 schließen sich die ernestinischen, reußischen und schwarzburgischen Kleinstaaten zum Land Thüringen zusammen. Am 12. Mai 1920 tritt die Verfassung in Kraft. Weimar wird zur Landeshauptstadt und die Universität Jena zur „Landesuniversität Thüringen“.
Die große Mehrheit der Professoren steht den neuen Verhältnissen skeptisch bis ablehnend gegenüber. In ihrer Mentalität und ihren Einstellungen sind sie durch den wilhelminischen Obrigkeitsstaat geprägt. Die Weimarer Verfassung und der Friedensvertrag von Versailles gelten ihnen als Inbegriff der deutschen Niederlage. In Revolution und Republik sehen sie eine problematische Gleichmacherei und eine Bedrohung ihrer Privilegien.
Nicht wenige sind der Auffassung, dass eine Restauration der alten Verhältnisse notwendig ist. Für diese Restauration soll jetzt, nachdem Deutschland die außenpolitischen Handlungsmöglichkeiten genommen sind, der inneren Sammlung eine zentrale Rolle zukommen. Die „Weltgeltung deutscher Wissenschaft“, so der Jenaer Physikprofessor Abraham Esau, „bleibt trotz der Niederlage bestehen.“ Von ihr soll die deutsche Erneuerung ausgehen.
Dabei verstehen viele der Professoren ihre Einstellung als unpolitisch. In ihrer Sicht sind sie allein der unparteiischen Verteidigung der deutschen Kultur und der vaterländischen Interessen verpflichtet. Nur eine Minderheit ist in einer der Weimarer Parteien organisiert. Dazu gehören Rudolf Eucken (DVP) und Max Wundt (DNVP).

Viele der Studierenden teilen die Ansichten ihrer Professoren. Zwar erklärt die studentische Vollversammlung vom 11.09.1918 ihre Bereitschaft, mit dem „Arbeiter- und Soldatenrat im Interesse der Allgemeinheit und zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung“ zusammenarbeiten zu wollen. Allerdings wird der neue gegründete Asta in den folgenden Jahren dominiert von den Vertretern der Korporationen (Vertreterschaft von 1911) und der rechtsorientierten „Nationalpolitisch-akademischen Vereinigung“. Schon im Frühjahr 1919 unterstützt der Asta die Werbung für die Zeitfreiwilligenvebrände und Freikorps an den Universitäten, die gegen revolutionäre Arbeiter*innen eingesetzt werden sollen. Die Skepsis gegenüber den neuen Verhältnissen drückt sich auch in einem Telegramm aus, dass der Asta am 6. März 1919 an die Nationalversammlung in Weimar verschickt: „Im Namen der Jenaer Studentenschaft erheben wir Einspruch gegen die Ablegung der Farben schwarz-weiß-rot, unter denen wir gekämpft und geblutet habe; ebenfalls verwahren wir uns gegen den Gedanken, den Namen des Deutschen Reiches mit Rücksicht auf die Entente ändern zu wollen.“
Literatur
Wolfgang Abendroth, Die deutschen Professoren und die Weimarer Republik, in: Jörg Tröger (Hrsg.), Hochschule und Wissenschaft im Dritten Reich, Frankfurt am Main 1986, S. 11–25.
Jürgen John und Rüdiger Stutz, Die Jenaer Universität 1918–1945, in: Senatskommission zur Aufarbeitung der Jenaer Universitätsgeschichte im 20. Jahrhundert (Hrsg.), Traditionen, Brüche, Wandlungen. Die Universität Jena 1850–1995, Köln 2009, S. 270–587.
Fließ, Die politische Entwicklung der Jenaer Studentenschaft vom November 1918 bis zum Januar 1933, Diss., Jena 1958.
Bildlnachweis
Bild
- Titel: Massenkundgebung am 10. November 1918 auf dem Marktplatz
- Quelle: Stadtmuseum Jena
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Deckblatt
- s.o.
Hintergrundbild Anhang
- Titel: ehemaliger Thüringer Landtag, heute Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar
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