
Am ersten Weltkrieg hatte Max Wundt als Offizier teilgenommen. Diese Erfahrungen sollten sein Werk entscheidend prägen. Auf die Eindrücke einer scheinbar alle innergesellschaftlichen Gegensätze überwindenden Kriegsbegeisterung aus den Augusttagen von 1914 und der Kameradschaft im Frontalltag wird er fortan immer wieder zurückkommen. Diese Zeit gilt ihm als wichtiger Höhepunkt der deutschen Geschichte. Militärische Prinzipien werden zum Vorbild für den gesamten Gesellschaftsaufbau. „Befehl und Gehorsam sind der geschichtliche Grund alles staatlichen Lebens.“ Auch die zentralen Sprachmuster der Ideen von 1914: Lyrisierung, die Behauptung unversöhnlicher polarer Gegensätze, ein alle Kulturgebiete ausgedehnter Nationalismus und die Verwendung einer religiösen Diktion lassen sich in den Schriften Wundts wiederfinden.
1920 wird er als Nachfolger Rudolf Euckens an die Universität Jena berufen.
„Mit dem Willen zum Tode erhob sich das deutsche Volk zu der höheren Weltansicht, zu der Welt des Geistes und der Wahrheit. Denn der Wille zum Tode ist der Entschluß, das Sinnliche nicht als das Letzte und Höchste gelten zu lassen, sondern es hinzugeben für das Übersinnliche.“
Max Wundt 1922
Im Abschluss an die „Ideen von 1914“ interpretiert er die nationalen Frontstellungen des ersten Weltkrieges als moralische Gegensätze: Auf der einen Seite stehen der Egoismus, die Zweifelssucht und die Bindungslosigkeit der Westmächte. Dem setzt Deutschland den Dienst des Einzelnen für die Gemeinschaft, den Glauben und die Treue entgegen. Der deutschen Kriegsführung wird so eine sittliche Mission zur Verteidigung von „Kultur“ und „Geist“ zugeschrieben. So kann er dem sinnlosen Sterben an den Fronten eine angeblich tiefere philosophische Bedeutung verleihen.
Damit bewegt Wundt sich noch im allgemeinen Fahrwasser der „Ideen von 1914. Eine entscheidende Verschärfung vollzieht er, wenn er die Geschehnisse des ersten Weltkrieges auf die Formel reduziert: „Geld oder Geist.“ Damit kann er die skizzierten Gegensätze antisemitisch interpretieren. Er schreibt „den Juden“ die Verantwortung für die deutsche Niederlage zu. „Man wird nicht leugnen können, daß die Juden einen wichtigen Anteil an dieser Entwicklung haben […]. So sind sie als Träger der Verneinung unserem Volkstum eingeimpft, die dunkle Drohung mit dem Abgrund des Nichts in dem hellen, zur bestimmten Form gestalteten germanischen Leben.“ Der Antisemitismus wird in der Folge zu einem festen Bestandteil der Wundtschen politischen Schriften.
Schon hier ist die Philosophie das zentrale Medium der von Wund geforderten nationalen Selbstbesinnung. Sie ist jedoch nicht ausreichend. Gefordert wird der Übergang in die Politik: „Worte können uns überhaupt nicht helfen. Es bedarf der Tat, der unbedingten, ihres Zieles gewissen und durch nichts von ihrem Wege abzulenkenden Tat. Jeder Einzelne, an den das Bewußtsein deutsches Geisteswerte gelangt ist, muß entschlossen allem Fremden und äußerlich Angenommenen den Abschied geben und sich ganz erfüllen lassen von dem, was er als Deutscher als seinen eigensten Besitz erkennt.“
Literatur
Max Wundt, Vom Geist unserer Zeit, München 1922.
Bildnachweis
Deckblatt, Hintergrundbild Anhang und Bild
- Titel: Max Wundt
- Autor: Charlotte Gröger
- Quelle: Universitätsarchiv Tübingen; https://www.leo-bw.de/web/guest/detail/-/Detail/details/DOKUMENT/ubt_portraits/54511/Wundt+Max
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